EU-Dienstleistungsrichtline ÖGB und
AK fordern faire Regelung und sagen Nein zum Sozialdumping!
Die De-facto-Zertrümmerung des über 100 Jahre
entwickelten österreichischen Arbeitsrechts - das ist die Folge, wenn die
Kommissionspläne beschlossen werden. Denn im Klartext heißt diese
Dienstleistungsrichtlinie: Unternehmen aus einem EU-Mitgliedsland, die
über die Grenze bei uns Dienstleistungen erbringen, müssen nicht mehr das
österreichische Arbeitsrecht einhalten, sondern nur das Recht ihres
Herkunftslandes. Dabei ist es egal, ob der Dienstleister ausländische oder
österreichische ArbeitnehmerInnen einsetzt, vorübergehend oder dauerhaft.
Ausgenommen ist nur ein schmaler Bereich an arbeitsrechtlichen
Mindeststandards: Mindestlohn, Mindesturlaub, Mindestmutterschutz und
Mindestruhezeit. Wird die Dienstleistungsrichtlinie so beschlossen, gilt
das österreichische Arbeitsrecht nicht mehr für so wichtige Bereiche wie:
Abfertigung, Kündigungsschutz und -fristen, die Entgeltfortzahlung im
Krankheitsfall, den Karenzurlaub, arbeitsfreie Feiertage oder die
Ersatzruhe für Sonntagsarbeit. "Diese Liste ist dramatisch lang", sagen
ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch und AK-Präsident Herbert Tumpel, "und die
Auflistung zeigt vor allem eines: Es stimmt einfach nicht, dass das
österreichische Arbeitsrecht trotz Dienstleistungsrichtlinie weiter gilt.
Im Gegenteil: In ganz wichtigen Bereichen wird das österreichische
Arbeitsrecht ausgehebelt und z. B. durch lettisches, britisches oder
maltesisches ersetzt." Nicht einmal die Einhaltung des schmalen Bereichs
der arbeitsrechtlichen Mindeststandards könne garantiert werden,
kritisieren ÖGB und AK. Denn: Es gibt in Österreich zukünftig keine
Behörde, die kontrollieren kann, und es gibt keine Strafen. Nach den
Kommissionsplänen soll in Zukunft - bis auf wenige Ausnahmen - überhaupt
das Herkunftsland zuständig sein. Im Klartext: Es müsste etwa eine
portugiesische Behörde prüfen, ob auf einer Baustelle in Österreich
portugiesisches Recht eingehalten wird. Dazu kommt: Von der
EU-Dienstleistungsrichtlinie sind alle ArbeitnehmerInnen in Österreich
betroffen. Im Sinne der EU-Kommission ist nämlich auch die Zeitarbeit
(Leiharbeit) eine erlaubte grenzüberschreitende Dienstleistung. Damit ist
jeder Wirtschaftszweig betroffen. "Mit dieser Dienstleistungsrichtlinie in
all ihren Facetten spielt die EU-Kommission den großen Unternehmen alle
Atouts zu und es gibt hunderte Spielzüge, wie diese Unternehmen ihre
Trumpfkarten einsetzen können", kritisieren Verzetnitsch und Tumpel, "wir
werden aber auf keinen Fall zulassen, dass am Ende die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer die Verlierer sein werden."
AK und ÖGB fordern:
Im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Erbringung
von Dienstleistungen in der EU
- darf in sensiblen Bereichen wie dem Arbeitsrecht auf keinen Fall das
Herkunftslandprinzip gelten;
- muss es für die österreichischen Behörden wirksame Kontroll- und
Strafmöglichkeiten geben;
Regierung muss Verbündete gegen
Dienstleistungsrichtlinie suchen Für den
Beschluss der Dienstleistungsrichtlinie braucht es im Rat keine
Einstimmigkeit - es reicht eine qualifizierte Mehrheit. "Es ist gut, aber
viel zu wenig, wenn österreichische Beamte in Brüssel Ausnahmen vom
Herkunftslandprinzip fordern", so Verzetnitsch und Tumpel, "die
Verhinderung dieser Dienstleistungsrichtlinie mit dem Herkunftslandprinzip
muss Chefsache sein. Daher sind die jüngsten Aussagen des Bundeskanzlers
für einen neuen Entwurf der Richtlinie zu begrüßen. Damit hat sich
Schüssel den Forderungen der ArbeitnehmerInnen angeschlossen. Und nun
sollen Bundesminister Bartenstein und die EU-Abgeordneten den gleichen Weg
gehen. Und die Regierung muss dabei auch die Sozialpartner einbinden." ÖGB
und AK fordern daher, dass die österreichischen EU-Abgeordneten gegen
diese Dienstleistungsrichtlinie stimmen und dass die österreichische
Regierung ein klares Nein zur Dienstleistungsrichtlinie in Brüssel
deponiert und europäische Verbündete sucht gegen einen Beschluss dieser
Dienstleistungsrichtlinie. "Boykottdrohungen können einen Beschluss dieser
Kommissionspläne nicht verhindern. Österreich braucht Verbündete und die
muss die Regierung jetzt suchen. Es ist höchste Zeit", erklären
Verzetnitsch und Tumpel.
EU-Dienstleistungsrichtlinie - das alles steht auf dem
Spiel! Herzstück der
EU-Dienstleistungsrichtlinie ist das so genannte Herkunftslandprinzip. Im
Entwurf der EU-Kommission heißt es dazu wörtlich: "Die Mitgliedstaaten
tragen dafür Sorge, dass die Dienstleistungserbringer lediglich den
Bestimmungen ihres Herkunftsmitgliedsstaates unterstehen." Ausgenommen
davon ist nur ein schmaler Bereich arbeitsrechtlicher Mindeststandards:
Mindestlohn, Mindesturlaub, Mindestmutterschutz und Mindestruhezeit. Das
heißt im Klartext: Wird die Dienstleistungsrichtlinie beschlossen gilt in
allen anderen Gebieten des Arbeitsrechts für Beschäftigte ausländischer
Dienstleister nur mehr das Arbeitsrecht des Herkunftslandes des
Unternehmens. Und zwar für alle Beschäftigten dieses ausländischen
Dienstleisters - auch für die österreichischen. Egal, ob die
entsprechenden österreichischen Regeln in einem Gesetz oder einem
Kollektivvertrag stehen! In folgenden wichtigen Bereichen des
Arbeitsrechts (und noch vielen weiteren) gilt für Beschäftigte
ausländischer Dienstleister in Österreich nicht mehr das österreichische
Recht, wenn die Dienstleistungsrichtlinie so beschlossen wird:
- Abfertigung
- Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
- Kündigungsschutz
- Kündigungsfristen
- Karenzurlaub
- Elternteilzeit
- Pflegefreistellung
- Arbeitsfreie Feiertage
- Feiertagsentgelt
- Ersatzruhe für Sonntagsarbeit
- Betriebs- und Ladenöffnung an Sonntagen
- Kündigungsschutz für Behinderte
- Arbeitsplatzsicherung für Präsenz- und Zivildiener
- Wahl eines Betriebsrates
- Schutz vor verschlechternden Versetzungen
- Sozialplan etwa bei Massenkündigungen
- Wirtschaftliche Mitbestimmung etwa in Aufsichtsräten
- Recht auf Aufwandsentschädigungen
"Es stimmt nicht, dass
trotz Dienstleistungsrichtlinie weiterhin das österreichische Arbeitsrecht
gilt", betonen Verzetnitsch und Tumpel, "in Wahrheit wird, wenn es nach
der EU-Kommission geht, das österreichische Arbeitsrecht in ganz wichtigen
Bereichen außer Kraft gesetzt."
EU-Dienstleistungsrichtlinie - Sechs Schritte zu
Lohndruck und Sozialabbau in Österreich:
1. Noch mehr Konkurrenzdruck - noch mehr
Arbeitslose Wird die
Dienstleistungsrichtlinie so beschlossen, dann gilt für Unternehmen, die
Dienstleistungen über die Grenze erbringen, außer den arbeitsrechtlichen
Mindestnormen das Arbeitsrecht des Herkunftslandes: Selbst bei Einhaltung
österreichischen Lohnniveaus kann eine Firma aus einem EU-Land, wo kein
Entgelt im Krankenstand, kein Trennungsgeld oder sonstige Diäten bezahlt
werden müssen, wo ein schlechterer Kündigungsschutz besteht und in
Österreich illegale Arbeitszeitmodelle, wie etwa Arbeit auf Abruf erlaubt
sind, natürlich österreichische Betriebe leicht unterbieten. Die Folge:
Unternehmen, die zu Dumpingbedingungen nach Österreich hereinarbeiten,
werden österreichische Betriebe unter Druck setzen. "Die Folge dieses noch
stärkeren Konkurrenzdrucks werden natürlich die Arbeitnehmer unmittelbar
zu spüren bekommen. Arbeitsplätze werden unsicherer, die Arbeitslosigkeit
wird steigen", erklären Verzetnitsch und Tumpel.
2. Nicht einmal Mindeststandards können kontrolliert
werden Sogar die Einhaltung des schmalen
Bereichs der arbeitsrechtlichen Mindeststandards ist unwahrscheinlich. Es
gibt dafür keine Kontrollbehörde. Selbst wenn es eine gäbe, könnte sie
nicht gegen einen Dienstleister vorgehen, der in einem anderen EU-Land
ansässig ist. Außer mit Deutschland gibt es keine
Verwaltungsvollstreckungsübereinkommen mit den EU-Staaten. Auch die
Beweisführung wäre praktisch unmöglich: Die Lohnunterlagen liegen ja
ebenfalls im Herkunftsland; Aufzeichnungen über die Arbeitszeit, und damit
über geleistete Überstunden, gehören nicht zu den arbeitsrechtlichen
Mindeststandards, daher brauchen keine Aufzeichnungen geführt werden, wenn
dies nicht im Arbeitsrecht des Herkunftslandes vorgeschrieben ist. Und
schließlich gibt’s keinen Grund, warum etwa eine litauische Behörde gegen
eine litauische Firma vorgehen sollte, die in Österreich arbeitet.
Kollektivvertragslohn oder -urlaub etwa kann ein Arbeitnehmer daher nur
durchsetzen, wenn er klagt. Zwar hat der Arbeitnehmer in der Regel ein
Wahlrecht, ob er in Österreich oder im Herkunftsland klagt. Dieses Recht
gibt es aber nur auf dem Papier: Die Praxis zeigt, dass angesichts der
gewaltigen Lohnunterschiede und vor allem der Abhängigkeit vom Arbeitgeber
so gut wie nie ein Arbeitnehmer klagen wird.
3. Der Arbeitsmarkt wird auch für
Nicht-EU-Arbeitskräfte geöffnet Betriebe
aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat können bei ihren Dienstleistungen in
Österreich nicht nur EU-Bürger beschäftigen. Sie können auch Ausländer aus
anderen Staaten beschäftigen, soweit diese Ausländer in dem Land, in dem
der Betrieb ansässig ist, legal arbeiten dürfen (z. B. viele Marokkaner in
Spanien). Für die Kontrolle, ob dieser Punkt auf so eingesetzte
Drittstaatsausländer zutrifft, ist nach der Dienstleistungsrichtlinie aber
ausschließlich die Behörde des Herkunftslandes
zuständig.
Beispiel: Eine
zypriotische Baufirma übernimmt einen großen Bauauftrag in Österreich. Auf
der Baustelle sind eine große Anzahl von Ukrainern und Pakistani
beschäftigt. Die Baufirma gibt an, dass diese zur legalen Beschäftigung in
Zypern zugelassen seien. Die Überprüfung dieser Behauptung und jede
sonstige Vorgehensweise gegen die Beschäftigung der Ukrainer und Pakistani
liegt ausschließlich in der Hand der zypriotischen Behörde.
4. Bald Alltag? Lettisches Arbeitsrecht für
Österreicher in Österreich Wenn ein
Unternehmen für die Erbringung der Dienstleistung in Österreich
österreichische Arbeitskräfte einsetzt, gilt auch für diese das
Arbeitsrecht des Landes, in dem das Unternehmen seinen Sitz
hat.
Beispiel: Ein lettisches Bauunternehmen ist für
Jahre in Österreich bei Sanierung und Ausbau einer Autobahn im Einsatz.
Beschäftigt werden sowohl lettische als auch 50 österreichische
Arbeitnehmer. Als einer von ihnen nach fünf Jahren aus der Firma
ausscheidet und die angesparte Abfertigung bei der Abfertigungskasse
beheben will, muss er feststellen, dass keinerlei Abfertigungsbeiträge für
ihn und seine Kollegen entrichtet wurden. Der damit konfrontierte
Personalchef erklärt den Leuten, dass aufgrund der
Dienstleistungsrichtlinie lettisches Recht angewendet werde - und da
gibt’s keine Beitragszahlung in eine Abfertigungskasse. Pro Jahr werden in
Österreich mehr als eine Million neuer Arbeitsverhältnisse begründet, für
die die Arbeitgeber den Beitrag (1,53 Prozent des monatlichen Entgelts)
für die Abfertigung neu an die Abfertigungskassen leisten müssen. Bei
Umgehung dieser Beitragszahlung auf Basis der Dienstleistungsrichtlinie
würde sich etwa ein Betrieb mit 50 durchschnittlich verdienenden
Arbeitnehmern jährlich rund 20.000 Euro sparen.
5. Immer mehr österreichische Auslandstöchter, weil’s
billiger kommt Angesichts der immer
stärkeren Konkurrenz würden österreichische Betriebe über kurz oder lang -
beraten durch Anwälte und Steuerberater - dazu übergehen, Neueinstellungen
über Tochterunternehmen oder Leiharbeitsfirmen in EU-Staaten mit wenig
entwickeltem Arbeitsrecht anzumelden oder sogar bestehende Belegschaften
umzumelden. Große Unternehmen können sich so viele Millionen sparen - auf
Kosten der Beschäftigten, der Sozialversicherung und der Steuerzahler. Für
den formalen Arbeitgeber gilt dann nämlich das Arbeitsrecht seines
Herkunftslandes - egal ob die Beschäftigten Österreicher oder Ausländer
sind und egal ob sie vorübergehend oder dauerhaft in Österreich
arbeiten.
Beispiel: Ein großes österreichisches
Einzelhandelsunternehmen gründet in Großbritannien eine Tochterfirma und
meldet neu aufgenommene Arbeitnehmer nur mehr über diese britische Tochter
an. Auch ein Teil der bestehenden Belegschaft wird umgemeldet - mit dem
Hinweis, das Arbeitsverhältnis werde nun eben aus rein formalen Gründen
mit der NN-Handels Ltd statt mit der NN-Handels AG fortgesetzt. Im Laufe
von drei Jahren sind hunderte Beschäftigte formell nicht mehr direkt bei
dem österreichischen Handelsunternehmen angestellt. Nach britischem Recht
gibt es keine Lohnfortzahlung bei Krankheit durch den Arbeitgeber. Die
Angestellten haben im Krankenstand daher nur mehr Anspruch auf Krankengeld
gegenüber der Krankenkasse anstatt auf Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber.
Das bedeutet: Für die ersten drei Tage jedes Krankenstandes überhaupt kein
Einkommen, für die restliche Dauer eine Einkommenskürzung von 50 Prozent
(die Sozialleistung Krankengeld beträgt nur die Hälfte des regulären, nach
österreichischem Recht auch während des Krankenstandes weiterbezahlten
Entgelts). Bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen der Angestellten
im Handel von brutto 1.600 Euro verlieren Handelsangestellte bei einem
Krankenstand von zwölf Kalendertagen (= durchschnittliche jährliche
Krankenstandsdauer) 454 Euro brutto. Pro Jahr zahlen Arbeitgeber in
Österreich bei rund 2,7 Millionen Krankenständen das Entgelt weiter. Die
dafür an die Arbeitnehmer ausbezahlte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
macht in Summe rund zwei Milliarden Euro aus. Bei einem völligen Wegfall
der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall würden sich die Arbeitgeber
einschließlich der Lohnnebenkosten rund 2,6 Milli-arden Euro
ersparen.
6. Nicht nur "Dienstleister" - alle Arbeitnehmer sind
betroffen Unmittelbar betroffen von der
EU-Dienstleistungsrichtlinie sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
Dienstleistungsberufen - in Österreich 1,2 Millionen Personen. Für alle
anderen gibt’s aber keine Entwarnung: Im Sinne der
Dienstleistungsrichtlinie ist nämlich auch die Arbeitskräfteüberlassung
eine erlaubte grenzüberschreitende Dienstleistung. Damit kann durch
Leiharbeitsfirmen jeder Wirtschaftszweig erfasst werden - und damit alle
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Beispiel: Frau
Winkler ist seit 10 Jahren bei einem steirischen Automobilzulieferer als
Lohnverrechnerin beschäftigt. Sie verdient 1.900 Euro brutto im Monat.
Eines Tages wird ihr mitgeteilt, dass ihr Dienstverhältnis aus rein
bilanztechnischen Gründen ("Einsparungen beim Personalaufwand") auf einen
luxemburgischen Arbeitskräfteüberlasser umgemeldet werde. Nach der Geburt
ihres Kindes will Frau Winkler Elternkarenz bis zum zweiten Geburtstag des
Kindes in Anspruch nehmen. Ihr Chef lehnt das ab. Begründung: Für Frau
Winkler gilt das österreichische Arbeitsrecht nicht mehr, weil ihr
Arbeitgeber nach der Dienstleistungsrichtlinie nur luxemburgischem
Arbeitsrecht unterliegt. Danach könne sie aber maximal für sechs Monate
Elternkarenz in Anspruch nehmen. Frau Winkler ist Alleinerzieherin. Sie
muss die Betreuung ihres Kindes auch über dessen erste sechs Lebensmonate
hinaus selbst übernehmen. Daraufhin teilt ihr Chef Frau Winkler mit, dass
sie dann eben auch selbst kündigen müsse. Frau Winkler kündigt und
verliert vier Monatsentgelte Abfertigung, das sind rund 4,7
Monatsgehälter, in Summe 8.394 Euro netto. "Es kann also sein, dass sogar
ein Stahlkocher, wenn er über einen Arbeitskräfteüberlasser beschäftigt
wird, voll vom Lohn- und Sozialdumping der Dienstleistungsrichtlinie
getroffen wird", so Verzetnitsch und Tumpel.
EU-Dienstleistungsrichtlinie als Druckmittel in
Österreich Österreichische Dienstleister
werden durch die Dumping-Konkurrenz stark unter Druck kommen. Sie werden
alles daran setzen um ebenfalls die Arbeitsbedingungen nach unten zu
schrauben. Und sie können es sich aussuchen: Entweder sie nützen selbst
alle Möglichkeiten der EU-Dienstleistungsrichtlinie für sich aus oder sie
erhöhen den Druck in Österreich - für eine Verschlechterung der
gesetzlichen und kollektivvertraglichen Arbeitsbedingungen und für eine
Flexibilisierung der Arbeitszeit mit hohen Lohnverlusten für die
ArbeitnehmerInnen. "Ja, viele Unternehmen werden unter Druck geraten. Aber
die Unternehmen können es sich aussuchen, wie sie ihre Lage verbessern,
wenn die Dienstleistungsrichtlinie kommt. Die ArbeitnehmerInnen haben
diese Wahl nicht. Sie werden so oder so draufzahlen, wenn die Pläne der
EU-Kommission so beschlossen werden", kritisieren Verzetnitsch und
Tumpel.
Das fordern ÖGB und AK:
In sensiblen Bereichen wie dem Arbeitsrecht darf auf
keinen Fall das Herkunftslandprinzip gelten. Derzeit ist grundsätzlich der gewöhnliche Arbeitsort
maßgebend für die Frage welches Arbeitsrecht zur Anwendung kommt. Das
Herkunftslandprinzip der Dienstleistungsrichtlinie stellt dagegen auf den
Sitz des Arbeitgebers ab. Dies würde für Arbeitgeber die Möglichkeit
eröffnen durch Gründung von Tochtergesellschaften in anderen Ländern oder
durch die Einschaltung von Leiharbeitsfirmen das für die ArbeitnehmerInnen
ungünstigste Arbeitsrecht in der EU zu wählen. In Europa würde ein
Wettlauf um die schlechtesten arbeitsrechtlichen Regelungen einsetzen. Die
Arbeitsbedingungen der ArbeitnehmerInnen würden sich wesentlich
verschlechtern. Viele Jahrzehnte an arbeitsrechtlicher Entwicklung wären
gefährdet.
Es muss für die österreichischen Behörden wirksame
Kontroll- und Strafmöglichkeiten geben. In
Österreich gibt es keine Behörde oder sonstige Stelle, die für die
Kontrolle der Einhaltung der Mindestlöhne oder sonstigen
Arbeitsbedingungen zuständig ist. Kontrolliert werden kann bloß, ob die
Beschäftigung in Österreich gemeldet wurde und ob
Sozialversicherungsunterlagen vorliegen. Selbst wenn diese
Minimalanforderungen nicht eingehalten werden, sind die vorgesehenen
Strafsätze (maximal 726 Euro, im Wiederholungsfall 1.450 Euro) so niedrig,
dass sie keinesfalls abschreckend wirken. Zusätzlich ist es nicht möglich
behördliche Schriftstücke im Ausland (Ausnahme: Deutschland) zuzustellen
oder dort Verwaltungsstrafen zu vollstrecken. Allfällige Verfahren sind
daher meist sinnlos. Dies alles bewirkt, dass die entsprechenden
Bestimmungen, die einen Schutz vor Lohndumping sicherstellen sollen, in
der Praxis weitgehend totes Recht sind.
Die Übergangsfrist muss verlängert
werden! Wenn die Dienstleistungsrichtlinie
so beschlossen wird, können Arbeitnehmer aus anderen EU Ländern zu deren
Arbeitsrechtsbedingungen und, weil es keine Kontrolle und keine Strafen
gibt, de facto auch mit den Löhnen dieser Länder in Österreich eingesetzt
werden. Zumindest gegenüber den neuen EU-Mitgliedsländern bietet hier die
Übergangsfrist Schutz für die ArbeitnehmerInnen in Österreich. Diese
Schutzfrist gilt nämlich auch für die grenzüberschreitende Erbringung von
Dienstleistungen mit ArbeitnehmerInnen z. B. im Baugewerbe, bei
gärtnerischen Dienstleistungen, Reinigungs- oder Sozialdiensten sowie
Sicherheitsdiensten. Wenn aber die Übergangsfrist endet und die
Dienstleisungsrichtlinie so beschlossen wird, kommen auf den
österreichischen Arbeitsmarkt große Probleme zu. Daher müssen die
Bundesregierung und die österreichischen EU-Abgeordneten jetzt handeln:
Das Herkunftslandprinzip in Kombination mit den fehlenden Kontroll- und
Strafmöglichkeiten in Österreich und dem noch immer enormen
Lohnunterschieden wird sonst zu einem riesigen Konkurrenzdruck und zu
einem radikalen Unterbieten der österreichischen Arbeitsbedingungen
führen.
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