EU-Dienstleistungsrichtlinie: Verzetnitsch für "Zurück an den Start"
Nach Chaos im Binnenausschuss besteht Chance für österreichische Präsidentschaft

"Zurück an den Start", fordert ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch bei der EU-Dienstleistungsrichtlinie nach dem gestrigen Chaos im Binnenmarktausschuss des EU-Parlamentes. Damit würde sich auch für die österreichische EU-Präsidentschaft die einmalige Chance eröffnen, eine vernünftige Richtlinie für die Dienstleistungsfreiheit zu verhandeln.

"Mehr als 1.000 Abänderungsanträge zeugen davon wie heikel die Materie ist. Dazu kommt eine verfahrene Situation nach dem Chaos im zuständigen Ausschuss des EU-Parlamentes", stellt Verzetnitsch fest. Dem ÖGB und den europäischen Gewerkschaften geht es darum, dass die Dienstleistungsfreiheit in der EU auf einer vernünftigen und sozial ausgewogenen Basis geregelt wird.


Die Forderungen des ÖGB:

  1. Klare Absage an das Herkunftslandprinzip als Binnenmarktprinzip für Dienstleistungen. An dessen Stelle soll für rein kommerzielle Dienstleistungen ein Prozess der Harmonisierung der verschiedensten Standards im Zusammenhang mit der Ausführung einer Dienstleistungstätigkeit vorgesehen werden, damit die Dienstleistungfreiheit verwirklicht wird.

  2. Klare Ausnahme der Leistungen der Daseinsvorsorge aus dem Anwendungsbereich der Rahmenrichtlinie, um Ziele des öffentlichen bzw. des Allgemeininteresses nicht zu gefährden. Dazu muss in Art. 2 des Richtlinienentwurfs eine genaue Definition des Anwendungsbereichs erfolgen. Leistungen wie die soziale Sicherheit (Sozialversicherung, Gesundheitswesen, soziale Dienstleistungen), Bildung, öffentliche Infrastruktur (Bahn und öffentlicher Nahverkehr, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung), andere kommunale Dienstleistungen (z.B. Abfallbeseitigung), Kultur (audiovisuelle Medien, Kulturförderung) aber auch Monopole wie das Glücksspiel dürfen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.

  3. Klare Ausnahme des gesamten Arbeitsrechts, der sozialen Sicherheit sowie des Umwelt- und KonsumentInnenschutzrechts aus dem Anwendungsbereich der Rahmenrichtlinie, um eine Weiterentwicklung des europäischen Sozialmodells sicherzustellen.

  4. Beibehaltung der Kontrollmöglichkeiten der Mitgliedstaaten, im eigenen Hoheitsgebiet die Dienst- und Arbeitsleistungen zu überwachen, um eine konsequente Aufsicht über rechtmäßiges Verhalten von Dienstleistern und die rasche Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes bei Rechtsverletzungen durch die ortsansässigen Behörden zu gewährleisten.

  5. Schaffung der notwendigen rechtlichen und praktischen Rahmenbedingungen, um bei den Behördenkontrollen festgestellte Verstöße auch in einem anderen Mitgliedsstaat effektiv sanktionieren zu können.

  6. Keine Einschränkung der nationalstaatlichen Souveränität in der Gestaltung von Anforderungen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit, um Ziele des Allgemeininteresses sowie sozial- und umweltpolitische Zielsetzungen nicht zu gefährden.